Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. (...) Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. (...) Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir;
(Johannes 10, 11-16 (27-30))
Schafe sind angeblich dumme Tiere. Das „dumme Schaf“ ist zur festen Redewendung geworden. Weil sie Herdentiere sind, gelten sie zudem als das Gegenteil des Individualisten: „Mit der Herde laufen“, kommt für kritische Zeitgenossen nicht infrage.
Doch Forscher an der Universität Cambridge fanden heraus, dass Schafe weitaus klüger sind als gemeinhin geglaubt. Sie können sich hervorragend räumlich orientieren, sich sehr gut an ihre Umgebung erinnern und sogar menschliche Gesichter erkennen und unterscheiden. Ihr Gedächtnis ist außergewöhnlich. Selbst nach Jahren der Trennung erkennen sich befreundete Schafe wieder.
Es ist also ein passender Vergleich, den Jesus hier zieht: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“ Schafe folgen nicht jedem Hirten. Sie können durchaus unterscheiden, wer ihr Hirte ist.
Der bayerische Pfarrer Karl Steinbauer wurde 1943 wegen einer Predigt verhaftet und musste sich vor Gericht verantworten. Für ein totalitäres Regime, das keine Kritik an seinem Führer duldete, war selbst das Zitat eines Kinderlieds ein Angriff. „Weil ich Jesu Schäflein bin“, hatte der Pfarrer gepredigt und bekannt: „Ich jedenfalls brauche diesen guten Hirten.“ Er predigte von der Kraft dieses Glaubens, der ihm – dem wenige Monate zuvor schwer verletzten Soldaten – Hilfe und Trost gebracht hat. Er war kein „dummes Schaf“. Er wusste, wo das „Heil“ herkommt, wer sein Hirte ist.
„Herdenimmunität“ ist in der Corona-Krise als Alternative zur Ausgangssperre diskutiert worden. Dafür lässt man die Infektion eines Großteiles der Bevölkerung zu – und nimmt Tote in Kauf. Schafe könnte man dafür wahrscheinlich nicht gewinnen. Sie sind als „Herdentiere“ hoch soziale Wesen, die sich in der Herde gegenseitig schützen und helfen. Ihre sprichwörtliche Geduld ist nicht dumm.
„Lammfromm“ sind sie, Vorbilder im Urvertrauen, dass es einen Hirten gibt, der sie kennt und liebt. „Amen. Ja mein Glück ist groß!“ singen wir, weil wir zur „Herde“ des guten Hirten gehören.
(Sabine Meister / Gottfried Greiner)
Weil ich Jesu Schäflein bin (Evangelisches Gesangbuch, Nr. 593)
1. Weil ich Jesu Schäflein bin, freu ich mich nur immerhin
über meinen guten Hirten, der mich wohl weiß zu bewirten,
der mich liebet, der mich kennt und bei meinem Namen nennt.
2. Unter seinem sanften Stab geh ich ein und aus und hab
unaussprechlich süße Weide, dass ich keinen Mangel leide,
und sooft ich durstig bin, führt er mich zum Brunnquell hin.
3. Sollt ich denn nicht fröhlich sein, ich beglücktes Schäfelein?
Denn nach diesen Erdentagen werd ich endlich heimgetragen
in des Hirten Arm und Schoß. Amen, ja, mein Glück ist groß.