… Es gibt aber kaum ein beglückenderes Gefühl, als zu spüren, dass man für andere Menschen etwas sein kann. Dabei kommt es gar nicht auf die Zahl, sondern auf die Intensität an. Schließlich sind eben die menschlichen Beziehungen doch einfach das Wichtigste im Leben; daran kann auch der moderne „Leistungsmensch“ nichts ändern, aber auch nicht die Halbgötter oder die Irrsinnigen, die von menschlichen Beziehungen nichts wissen. Gott selbst lässt sich von uns im Menschlichen dienen… Ich meine demgegenüber hier die schlichte Tatsache, dass die Menschen uns wichtiger im Leben sind als alles andere. Das bedeutet gewiss keine Geringschätzung der Welt der Dinge und der menschlichen Leistung. Aber was ist mir das schönste Buch oder Bild oder Haus oder Gut gegenüber meiner Frau, meinen Eltern, meinem Freund? So kann allerdings nur sprechen, wer wirklich in seinem Leben Menschen gefunden hat. Für viele Heutige ist der Mensch (doch auch) nur ein Teil der Welt der Dinge. Das liegt daran, dass ihnen das Erlebnis der Menschlichen einfach abgeht. Wir müssen sehr froh sein, dass uns in unserem Leben dieses Erlebnis reichlich geschenkt worden ist…
aus: Widerstand und Ergebung, Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, herausgegeben von Eberhard Bethge, S. 194f