Gedanken für den 9. Juni 2020 - Gottes Rettungsschirm

Fallschirme
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In den letzten Wochen habe ich viel von Rettungsschirmen, Konjunkturprogrammen und Schuldenschnitten gelesen, aber so richtig viel davon habe ich wohl nie verstanden. Wie bei vermutlich vielen Menschen übersteigen die Summen meine Vorstellungskräfte... Aber ich finde, diese Begriff haben durchaus auch eine theologische Dimension.

Angesichts der Zerstörung Judas, des Landes rings um Jerusalems, und der Zerstörung Jerusalems dachte der Prophet Jeremia über Gottes Bund mit dem Volk Israel nach und erklärte diesen Bund für gescheitert. Stattdessen, so Jeremia (in Jeremia 31,31.33), will Gott einen neuen Bund ins Leben rufen:

Siehe, es kommt die Zeit, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen. [...] Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.

Der Bund des Volkes mit Gott war gescheitert. Doch Jeremia war es wichtig zu betonen: Der Bund war am Volk gescheitert – nicht an Gott. Aber deshalb gab Gott sein Volk dennoch nicht auf, sondern er gab seine bisherige Strategie auf. Bislang hatte Gott folgenden Deal vorgeschlagen: Ihr seid mir treu als eurem Gott und richtet euch und euer Leben nach mir und dafür bin ich für euch da und schütze und helfe euch. Doch im Alten Testament gibt es zuhauf Geschichten, die davon erzählen, dass die Menschen an dem Angebot Gottes scheitern. Nun denkt Gott um.

Man könnte sagen: Bisher hatte Gott nach dem Kredit-Prinzip gehandelt. Ich helfe euch jetzt – ihr zahlt mir Vertrauen zurück. Aber die Menschen konnten offenbar (und können) Gottes Kredite nicht zurückzahlen – und statt sie zu pfänden entscheidet sich Gott nach Jeremia für den Schuldenschnitt. Äußere Regeln spielen nun keine Rolle mehr.

Später führt Jeremia aus, wann Gottes Liebe und Treue an eine Grenze kommen würden: Wenn die Wellen des Meeres verebbt sind und wenn die Geheimnisse im Himmel und im Erdinneren gelüftet sind – ergo niemals. Gott spannt quasi einen gigantischen Rettungsschirm auf; ohne Obergrenze! Und dabei geht es ihm nicht ums zurückbekommen, sondern ganz und gar darum, dass wir weiterleben können. Gottes Rettungsschirm, von dem Jeremia berichtet, ist aufgespannt seit über 2500 Jahren – und er ist immer noch dicht.

(Pfarrer Steffen Barth)