5. Zünd in uns dein Feuer an,
dass die Herzen gläubig brennen
und, befreit von Angst und Wahn,
wir als Menschen uns erkennen,
die sich über Meer und Land
reichen fest die Friedenshand.
Diese Liedstrophe – vorgeschlagen wieder einmal bei den Losungen der Herrnhuter Brüdergemeinde – stammt vom schweizerischen Theologen Karl von Greyerz (1870 - 1949). Wie mir erst beim Nachlesen auffiel, ist es eine Strophe aus dem doch recht bekannten Lied „Großer Gott, wir loben Dich“ (Gesangbuch Nr. 331), dass in den Liederbücher beispielsweise der evangelisch-reformierten Schweizer Geschwister in den Strophe 2 bis 5 doch etwas anders lauten - und eben von Karl von Greyerz stammt.
Dieser hat sie nach dem ersten Weltkrieg gedichtet – sie sind stark pazifistisch geprägt. Von Greyerz, der nicht nur Pfarrer, sondern auch religiöser Sozialist war und nach dem ersten Weltkrieg einen kirchlichen Antimilitarismus vertrat, änderte den triumphalen Klang des bekannten Kirchenliedes. Nicht der Lobpreis Gottes ist der Schwerpunkt steht im Mittelpunkt - obwohl die erste, bekannte Strophe bleibt:
1. Großer Gott, wir loben dich;
Herr, wir preisen deine Stärke.
Vor dir neigt die Erde sich
und bewundert deine Werke.
Wie du warst vor aller Zeit,
so bleibst du in Ewigkeit.
Doch die späteren Strophen haben einen ganz anderen Charakter:
4. Herr, erbarm, erbarme dich
deiner blutbefleckten Erde;
unsre Seele sehnet sich,
dass du sprichst ein neues „Werde!“.
Send uns Kraft und Zuversicht,
die der Waffen Joch zerbricht.
Am letzten Freitag war der „Tag der Arbeit“ – ein Tag, der eigentlich immer von weltweiten Demonstrationen für Arbeiterrechte und internationale Solidarität geprägt war. Die Gewerkschaften und Netzwerke, für die dieser Tag einen wichtiger öffentlicher Auftritt garantierte, war der Komplettausfall durch die Corona-Krise ein heftiger Schlag. Der DGB warb mit dem jedem verständlichen Slogan „Solidarisch ist man nicht alleine!“ für eine Teilnahme im digitalen Raum und machte damit deutlich: Arbeiterrechte und Solidarität sind keine Verfügungsmasse in Krisenzeiten, sondern essentiell und notwendig.
Die internationale Friedensbewegung hat es zur Zeit auch schwer – die Teilnahme an den Ostermärsche fallen jährlich geringer aus, die Anzahl der kriegerischen Auseinandersetzungen nimmt eher zu und der lukrative Handel mit Waffen ist in Deutschland nach wie vor offenbar politisch gewollt, wenn auch nicht beworben.
Da ist es gut, sich zu vergegenwärtigen, dass ein Engagement für den Frieden eine lange Tradition hat und gerade die Kirchen und Christen dazu aufgerufen sind, sich klar für ein friedliches Miteinander und gewaltfreie Konfliktlösungen einzusetzen. Es gibt viele weltweit agierende Initiativen, die dies auf vielfältige Art und Weise fördern – Völkerverständigung ist auch durch das Internet in vielen Fälle leichter geworden.
Und wenn es zu frustrierend ist, die täglichen Nachrichten zu sehen und zu hören, die neben der allgegenwärtigen Pandemie nun eben auch von den schwelenden Konflikten und Fast-Kriegen berichten, sollten wir uns vielleicht auch daran halten, dass wir als Menschen eben in vielen Dingen nicht das letzte Wort behalten werden. Und hoffentlich auch nicht in Hinsicht auf eine unfriedliche Welt.
Nochmal Karl von Greyerz:
6. Mach vom Hass die Geister frei,
frei von Sündenlast und -ketten;
bricht des Mammons Reich entzwei;
du nur kannst die Menschheit retten.
Rette uns aus Schuld und Not,
Heilger Geist, barmherz’ger Gott.
(Christian Weller)